Mit dem heutigen Text biegen wir ein auf die Zielgerade des Röm.
Was hat diese Zeit in dir bewegt?

Ich habe es in vollen Zügen genossen, tief in die lebensverändernde Botschaft der Gnade und der Rechtfertigung aus Glauben einzutauchen. Und in diesen letzten Kapiteln war ich beeindruckt von Paulus. Er ist nicht einfach ein brilianter aber weltfremder Theologe , sondern Apostel durch und durch. Gemeindegründer und Leiter auch unter widrigen Umständen. Einer, der glaubt, was er selber predigt, in der Kraft des Heiligen Geistes Gemeinden pflanzt sowie Zeichen und Wunder wirkt.

Wie schon zuvor wird auch heute deutlich, dass er dies nicht als Übermensch tut. Und er tut es nicht alleine. Paulus wohnt bei Gajus (V23) mit seinem Mitarbeiter Timotheus (V21) und diktiert den Brief Tertius (V22). In seinem abschliessenden Grusswort erwähnt er 27 (!) Personen aus der Gemeinde in Rom – etliche mit persönlichen Anmerkungen – obwohl er noch nie dort war. Wahrscheinlich lässt sich daraus schliessen, dass eine lebendige und gesunde Gemeinde immer auch eine vernetzte Gemeinde ist.

Offen gestanden bin ich froh darüber, dass heute nur wenige Christen diese Grussworte für die Namensfindung ihrer Kinder herbeiziehen (“Rufus” wäre mein Favorit für einen Hund, aber für ein Kind???). Die grosse Anzahl von Frauen in dieser Aufzählung fällt auf – und wie ehrend Paulus sie erwähnt. Das passt nicht mit dem Bild mancher Ausleger von einem frauenfeindlichen Paulus zusammen, der die Frauen in der Gemeinde klein halten möchte. Wieso nicht? Weil es schlicht nicht zutrifft.

Der Brief wurde durch Phöbe überbracht. Diese nahm – wie seither unzählige Frauen nach ihr in der Mission – die Strapazen und Gefahren der 1’225 km langen Reise von Kenchräa (resp. Korinth) nach Rom auf sich. Diese Aufgabe übertrug man nur besonders bewährten und zuverlässigen Boten. Denn sie bestand nicht nur die Überbringung des Briefes (wie eine Postbotin), sondern auch darin, Erläuterungen und Anweisungen zu geben – was wir heute als ‘predigen’ bezeichnen würden.

Was mich zum letzten Punkt bringt: In #226 hatten wir es bereits vom Glauben und der Predigt. Nun kommt das Thema nochmals in V25:

Dem Gott, der die Macht hat, euch durch das Evangelium, das mir anvertraut ist, und durch die Predigt von Jesus Christus im Glauben zu festigen; dem Gott, der uns das Geheimnis offenbart hat, das seit undenklichen Zeiten verborgen war ...” (NeÜ)

Also doch! Nicht dass der Glaube aus der Predigt käme (siehe #226), aber dass die Predigt (Verkündigung) den Glauben festigt (stärkt). Leider nein. Denn das Wort ‘Glauben’ findet sich nicht im griechischen Text. Nicht unser Glaube wird durch die Verkündigung von Jesus gestärkt, sondern wir selbst:

Dem aber, der die Macht hat, euch Kraft zu geben – gemäss meinem Evangelium und der Botschaft von Jesus Christus, …” (V25, EU)

So beschreibt auch dieser Vers keinen Automatismus, dass Glauben aus der Predigt kommt. Doch gleichzeitig zeigt Paulus den Sinn der Verkündigung von Christus für Christen an: Sie werden gestärkt.

AUGUST 2020/VON MARCEL BERNHARDSGRÜTTER