Die zusammengefasste Schlussfolgerung:

«Keiner ist gerecht, auch nicht einer. Alle sind vom richtigen Weg abgewichen. Es gibt keinen, der Gutes tut, auch nicht einen Einzigen.»

Paulus zitiert Stellen aus den Psalmen, Jesaja, Prediger, den Sprüchen, und zeigt wie der Ungerechte seinen Leib dem Bösen zur Verfügung stellt: das Denken, die Zunge, die Füsse und die Hände.

Zum Lesen des Textes fühlt es sich so an, als ob Paulus eine riesige Schar Menschen gegenüber hat, und mit diesen diskutiert. Und so die möglichen Gegenargumente behandelt und die möglichen Fragen und Bemerkungen beantwortet – entkräftet. Und dies tut er, indem er selbst immer wieder das von Gott anvertraute Wort braucht!

«Aber was haben dann die Juden gegenüber den anderen Menschen noch für einen Vorteil? Und was ist der Nutzen der Beschneidung?» Das war die Frage von gestern. Und die Antwort: «Nun, die Juden haben den anderen Menschen in jeder Hinsicht viel voraus. Vor allem ist es das eine, dass Gott ihnen seine Worte anvertraut hat.»

Die Frage von heute: «Wie ist es denn nun? Sind wir als Juden den anderen Menschen gegenüber im Vorteil, oder sind wir es nicht?» Die Antwort heute: «Wir sind es ganz und gar nicht!»

Das ist beide Male die Frage nach dem Vorteil, ein Jude zu sein. Einmal ja und einmal nein – auf derselben Seite.

Mich hat diese Frage schon oft in einem anderen Zusammenhang beschäftigt: *ist es ein Vorteil, als Kind glaubender Eltern aufzuwachsen?

Diese habe ich mir schon vor Jahrzehnten in meinem eigenen Leben gestellt. Ich habe beobachtet, wie Menschen aus Nöten, aus einem gescheiterten Leben zu Jesus gekommen sind und IHN viel mehr liebten als ich. Eine ganz andere Tiefe und Freude und Lebendigkeit in der Beziehung zu Jesus ist mir entgegengekommen. Und das Bewusstsein, dass mir etwas fehlt, obschon ich ab 8 Jahren mit Jesus unterwegs war.

Von der Predigtserie «der verschwenderische Gott» haben wir noch die beiden Söhne vor Augen. Der eine zu Hause, alle Pflichten erfüllend. Der Andere fortgereist, mit Abenteuerlust und dem Vorsatz das Leben geniessen zu wollen unterwegs. Auch dies ist ein Bild auf den Juden und den Heiden. Für beide verliess der Vater das Haus um sie zu suchen!!

ODER für den, der der äusseren Form nach «gläubig» lebt und für denjenigen, der sich abgewendet hat.

Hat der Sohn zu Hause einen Vorteil oder hat er keinen?

Der Vorteil hängt ab von unserer «AntWort» auf das Wort Gottes. Unser persönliches «eingehen» auf das Wort. In Beziehung treten. Ein Gespräch findet statt zwischen mindestens zwei Gegenüber: Worte und Antworte.

So beginnen Beziehungen! Und das löst Reaktionen aus. Antwort auch durch Handeln. Die Juden hatten Worte Gottes, aber die meisten traten nicht in eine persönliche Beziehung zum Sprechenden. Be – ziehung ist das Gegenteil von losgelöst sein.

*Als Kind glaubender Eltern hat man auch das Wort Gottes. (also einmal Ja – es ist ein Vorteil) Und man kann darauf ganz persönlich reagieren. Auch als Kind! Aber man kann auch einfach alles lernen wie in der Schule Mathematik und Biologie und Deutsch und Französisch usw. Man kann Bibelverse und Lieder auswendig, kennt viele Geschichten aus der Bibel. Im Alter von ca. 6 -12 ist es auch entwicklungsmässig völlig normal, dass man mitmacht, was die Eltern machen. Es ist die Phase, in der die Eltern den Kindern ihre Welt zeigen.

Was ich als schwierig erlebte, ist, dass ich brav – angepasst war. Also die Sünde und die Verlorenheit waren für mich «Theorie». Stehlen, Morden, Ehe brechen … das gehörte nicht zu meinem Leben. Wenn man sich denn nicht so verloren fühlt, dann braucht man auch keinen Retter …

Darum finde ich es spannend, dass Paulus im schriftlichen Festhalten des Evangeliums, so lange und gründlich auf diesem Punkt bleibt. Und es von allen Argumenten her wieder auf den Punkt bringt: «Keiner ist gerecht, auch nicht einer.»

Es ist so, wir wurden bereits in Sünde geboren. So wie wir durch Geburt Schweizer oder Deutsche, oder Isländer sind, kommen wir «von Gott losgelöst» (=Sünder) auf die Welt, mit der Sehnsucht einen Platz zu haben, sicher zu sein, geliebt zu werden usw. usw. Und so lernt jeder Mensch in seinen ersten Lebensjahren, wie er leben kann, um diese seine Bedürfnisse gestillt zu bekommen. Und diese Methoden / Muster ziehen sich dann wie ein roter Faden durchs Leben. Das gehört von den biblischen Bezeichnungen her zu unserem Fleisch. Da sind unsere Stärken drin … (bei unserer Art die persönlichen Bedürfnisse gestillt zu bekommen entwickeln wir diese) … da ist unsere subjektive Wahrnehmung / Verständnis drin …  da ist unser Weltbild drin … da liegen unsere Grenzen drin … unser gefangen sein … unser getrieben sein … Der Kern von diesem allem ist: Gott – los! Self – made! Ungerecht. Das wird Gottes Absicht mit uns Menschen in keinster Weise gerecht. (Also einmal: Nein – kein Vorteil als Kind glaubender Eltern – ebenso Gott – los!)

Jetzt freue ich mich auf den nächsten Text!! Der ist bei mir überschrieben mit «Gottes Gerechtigkeit».

JULI 2020/VON MARIANNE BATTAGLIA