Die Vorstellung, dass Gott eines Tages “durch Jesus Christus die verborgensten Dinge der Menschen richten wird.” (V16) finde ich tröstlich. Dann wird es keine Grauzone mehr geben; die Motive werden offenbar sein. Jede bis dahin verkannte Hingabe und jede sorgsam getarnte Bosheit wird offenliegen. Niemand muss dann noch sagen, wie er es eigentlich gemeint hatte oder meint gemeint zu haben, weil dort am Licht kein Schatten mehr sein wird.

David in seiner Weisheit und Gottesfurcht betete deshalb schon zu Lebzeiten, dass Gott ihn prüfen und erforschen möge, damit er selbst erkenne, wie er es meint (Ps 139,23).

Der heutige Abschnitt handelt wie bereits der gestrige von den Menschen als solche, nicht von Christen. Paulus wird später noch ausführen, was er auch den Galatern schrieb: Dass das Gesetz sich nicht erfüllen lässt. Dessen einzige Funktion besteht darin, den den (alttestamentlichen) Standard von (Gottes) Gerechtigkeit anzuzeigen und dadurch Sünden zu offenbaren.

Deshalb reicht es nicht, das Gesetz ‘zu haben’, wie es auch nicht reicht zu einer Kirche zu gehören. “Denn nicht die, die hören, was das Gesetz sagt, werden von Gott für unschuldig erklärt, sondern die, die tun, was es verlangt.” (V13). Darin liegt die Krux: Dass niemand von sich aus tun kann, was das Gesetz verlangt.

Daraus abzuleiten, dass wir ‘nichts tun können’ und ‘Gott es tun müsse’ grenzt an Eventualvorsatz, solange nicht geklärt wird, was dieses ‘nichts’ und ‘es’ ganz genau beinhalten. Denn Jesus formuliert im bekannten Gleichnis der zwei Häuslebauer völlig identisch (Mt 7,24:26):

“Jeder, der diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann…”

und

“Und jeder, der diese meine Worte hört und nicht danach handelt, ist ein Tor, …”

Der Unterschied liegt nicht im Hören, sondern einzig im Tun.
Ja, alleine aus Gnade werden wir gerettet. Aber immer wieder umzukehren und Jesus nachzufolgen ist eine jedes Mal neu eine Entscheidung gefolgt von Taten.

JULI 2020/VON MARCEL B